Initiative fordert Mini-Mieten für 100 LWB-Wohnungen in der Südvorstadt

Leipzigs größter Vermieter LWB will den Leerstand verringern und zeitnah 100 Wohnungen in der beliebten Südvorstadt modernisieren. Eine örtliche Initiative fordert dafür ein Modellprojekt mit Mini-Mieten, das gegen die Verdrängung in dem Viertel wirken soll. Jedoch wäre die Finanzierung dafür weitgehend unklar.

Der Leipziger Stadtrat soll an diesem Mittwoch über die Zukunft von drei Wohnhäusern in der Südvorstadt entscheiden. Sie wurden alle 1955 errichtet, seitdem nicht nennenswert modernisiert und gehören der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB). Laut dem kommunalen Großvermieter geht es um insgesamt 100 Wohnungen, von denen weit über die Hälfte leerstehe. „Nicht nur Dächer sind dort kaputt. Zum Teil nutzen die Mieter noch Kohleöfen“, erklärt Unternehmenssprecherin Samira Sachse. Die LWB wolle die Häuser in der Kochstraße 13-15, Kochstraße 59-63 sowie August-Bebel-Straße 66-68 schnellstmöglich sanieren.

Grundsätzlich möchte das auch eine Initiative, die sich Vernetzung Süd nennt. Seit fünf Jahren unterstütze sie die verbliebenen Mieter in den drei Häusern, erklärt Sprecher Robin Weisbach. „Wir haben beobachtet, dass die LWB im Süden – bis auf ein paar löbliche Ausnahmen – nach einer Sanierung mehrheitlich weit über der durchschnittlichen Angebotsmiete in Leipzig von 7,18 Euro pro Quadratmeter neu vermietet hat.“ Geringverdienern, Geflüchteten oder anderen Menschen mit erschwertem Zugang zum Mietmarkt nehme das jede Chance auf so eine Wohnung in dem beliebten Viertel.

Über 3500 Unterschriften bei Petition

Die Initiative startete deshalb eine Petition „Südvorstadt für alle“, die laut Weisbach bis zum Abschluss Anfang dieser Woche von mehr als 3500 Leipzigerinnen und Leipzigern unterzeichnet wurde. Zu den zentralen Forderungen gehörte, dass keine der 105 Wohnungen (die Initiative verwendet da eine andere Zahl als die LWB) nach der Sanierung mehr als 6,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter kosten darf. Mindestens die Hälfte solle zudem im Bereich der staatlich erstatteten Kosten der Unterkunft (KdU) für zum Beispiel Langzeitarbeitslose liegen. Die KdU-Mieten in Leipzig betragen derzeit reichlich fünf Euro pro Quadratmeter kalt.

Zwar habe die LWB den etwa 45 verbliebenen Haushalten versprochen, dass sie für die Zeit der Arbeiten (etwa zwei Jahre) Ausweichwohnungen in der Nähe bekommen, erläutert die Initiative. Auch erhielten die Altmieter danach weiter günstige Konditionen: Durch die Modernisierungsumlage von maximal zwei Euro pro Quadratmeter werde sich ihre Kaltmiete in Zukunft meist im Bereich der KdU-Sätze bewegen, erklärt die Stadt. Doch das reiche nicht aus, um der Mietenspirale und Verdrängung in der Südvorstadt ernsthaft etwas entgegenzusetzen, so Weisbach. Der Vernetzung Süd gehe es auch um günstige Mieten in den bisher leeren Wohnungen. „Mit diesen kommunalen Häusern hat der Stadtrat zumindest im Kleinen die Chance, dem allgemeinen Trend der Segregation in den Städten etwas entgegenzuhalten.“

Seit 2022 genießen alle drei Häuser Denkmalschutz. Natürlich müsse die behutsame Sanierung klimaschutz- und denkmalgerecht erfolgen, heißt es weiter. Wie das alles bei den aktuellen Bau- und Materialpreisen mit Mini-Mieten finanziert werden könnte, bleibt trotz etlicher schriftlicher Erklärungen der Vernetzung Süd etwas vage. Die Rede ist von einem „Modellprojekt, das mit Extra-Mitteln ausgestattet und beforscht werden soll, damit es künftig auf weitere ähnliche Häuser übertragen werden kann“. Zum Beispiel plane der Bund ein neues Förderprogramm, das dafür wahrscheinlich angezapft werden könnte. Auch solle ein Sanierungsrat, in dem unter anderem Altmieter mitwirken, helfen, Sparpotenziale bei den Arbeiten und der künftigen Ausstattung zu heben.

Im Oktober 2022 fand zum Thema bereits ein Workshop mit Planern der Stadt, Mietern, LWB und Mitgliedern vom Stadtbezirkbeirat Süd statt. Der Beirat unterstützt das Anliegen eines Modellprojektes – er hat dazu einen (jüngst noch mal geänderten) Antrag an den Stadtrat gerichtet, welcher dort an diesem Mittwoch zur Abstimmung kommen soll. Der Antrag ist in seinen Grundzügen ähnlich zur Petition. Die Unterschriften will die Vernetzung Süd vor der Ratsversammlung möglichst an den Oberbürgermeister übergeben. Weisbach verweist auf Unterstützung für das Anliegen auch vom DGB Leipzig-Nordsachsen und von den Umweltverbänden Bund sowie Ökolöwe. Der Stadtbezirksbeirat, sagt dessen Vertreterin Susanne Scheidereiter (Die Linke), wolle Mietsteigerung und Verdrängung im Leipziger Süden nicht hinnehmen, sondern gemeinsam mit örtlichen Initiativen und der LWB „Möglichkeiten finden, hier das Leben für alle Menschen weiter möglich zu machen“.

Luft-Wasser-Wärme-Pumpe statt Ofen

Für die Kochstraße 13-15 ist die Sanierungsplanung schon so weit vorangeschritten, dass ein Neustart erhebliche finanzielle Schäden verursachen würde, erwiderte die Kommune in einem Verwaltungsstandpunkt. Die Arbeiten an diesen Häusern könnten im Prinzip sofort starten. Statt Kohleöfen sollen dort – gegenüber der Eisdiele Pfeifer – bald klimaneutrale Luft-Wasser-Wärme-Pumpen das Heizen übernehmen.

Gemäß eines alternativen Vorschlags der Stadtverwaltung soll die LWB für die beiden anderen Objekten nochmals alle Möglichkeiten prüfen, um die Sanierung behutsam, klima- und sozialgerecht anzugehen. „Das soll Themen wie bezahlbares Wohnen, Wohnraumversorgung von Menschen mit Marktzugangsschwierigkeiten und Denkmal- und Klimaschutz unter Beteiligung der Bewohnerschaft beinhalten.“ Laut Unternehmenssprecherin Sachse kann die LWB die Sanierungen in der Südvorstadt nicht durch Mieteinnahmen aus anderen Stadtteilen quersubventionieren. „Alles, was irgendwie geht an Fördermitteln, prüfen wir sowieso in jedem Fall.“ Eigentlich sollten die Arbeiten in der Kochstraße 59-63 sowie August-Bebel-Straße 66-68 Mitte nächsten Jahres beginnen.

Übrigens saniert das kommunale Unternehmen zurzeit die August-Bebel-Straße 30-30A mit 24 Wohnungen. Sie sollen Ende des Jahres bezugsfertig werden, wobei vier Sozialwohnungen entstehen und außerdem vier Altmieter zu günstigen Konditionen verbleiben. „Die übrigen 16 Wohnungen werden frei vermietet“, so Sachse. Als durchschnittliche Kaltmiete seien 8,46 Euro pro Quadratmeter geplant.